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Jossie Graumann – Kontrollierte Kraft für neue Höhen

Fokussiert, dynamisch und entschlossen - so ist Hochspringerin Jossie Graumann (LG Nord Berlin) am Mittwochabend beim Springermeeting in Cottbus aufgetreten. Also genauso wie immer. Keine Spur davon, dass ihr die überraschende Steigerung auf 1,92 Meter von Unna drei Tage zuvor noch im Kopf herumschwirrte. Obwohl sich der 22-Jährigen dadurch ganz neue Perspektiven eröffnet haben: Die Norm für den ersten Start in der A-Nationalmannschaft bei der Hallen-EM in Belgrad (Serbien; 3. bis 5. März) ist gleich zum Saisonauftakt erfüllt. In Cottbus nahm die Studentin alle Höhen bis einschließlich 1,89 Meter im ersten Versuch. Auch die gerissenen Sprünge bei 1,92 Meter zeigten, dass sie sich ein neues Leistungsniveau erarbeitet hat.

„Es ist der längste Zyklus, in dem ich konstant trainieren konnte und ich bin gut in die Uni reingekommen. Es läuft“, erklärt die Deutsche U23-Meisterin im Interview auf Facebook, die im Herbst ein Lehramtsstudium begonnen hat. Die Trainingsauswertungen drückten den Lohn für die verletzungsfreie Vorbereitung in verbesserten Steighöhen bei den Sprüngen aus. Auch bei der Schnelligkeit im Anlauf hat Jossie Graumann zugelegt.

Psychologische Barriere überwunden

Der Schlüssel dafür, diese verbesserten Zubringerwerte auch an die Wettkampfanlage zu bringen, liegt in der vergangenen Sommersaison. 1,90 Meter als Kaderwert für das Junior Elite Team waren da das erklärte Ziel. Aber die Latte wollte einfach nicht liegenbleiben. „Sobald die Bestleistung auflag, gab es einen Technikbruch“, erinnert sich Trainer Jan-Gerrit Keil. „Das passiert, wenn Athletinnen versuchen in allen Bereichen noch eine Schippe draufzulegen. Außerdem ist die 90 vor dem Komma auch eine psychologische Barriere.“

Aber der Sommer 2016 hielt ein Happy-End bereit: Nach wieder drei Fehlversuchen über 1,90 Meter bei der Olympia-Verabschiedung in Mannheim, lag Jossie Graumann gleichauf mit der aktuell besten DLV-Hochspringerin Marie Laurence Jungfleisch (VfB Stuttgart). Dass bescherte der Berlinerin im Stechen um den Sieg einen vierten Versuch und bei diesem allerletzten Wettkampfsprung des Jahres gelang der Flug über die 1,90 Meter. Mit diesem Erfolgserlebnis ging es in die Wintervorbereitung und ein Technikbruch bei neuen Höhen ist jetzt kein Thema mehr.

Früher Entschluss für den Leistungssport - langfristige Planung

Der Verstoß in die 90er-Höhen ist der nächste Schritt der leistungssportlichen Karriere von Jossie Graumann, für die sie sich früh entschieden hat. Auf Haiti geboren, mit drei Jahren von ihren deutschen Eltern adoptiert übersprang die Athletin im Trikot des TV Konstanz im Alter von 17 Jahren erstmals 1,80 Meter, gewann Silber bei der Jugend-DM der U18 und wurde in den Nachwuchs-Bundeskader aufgenommen. Darüber entstand der Kontakt zu Jan-Gerrit Keil und der LG Nord Berlin. Wegen der besseren leistungssportlichen Rahmenbedingungen entschied sich die damalige Schülerin, ihre Heimat am Bodensee zu verlassen und in der 700 Kilometer entfernten Großstadt am anderen Ende der Republik neu anzufangen. Alles wurde langfristig auf den Anschluss an die internationale Spitze ausgerichtet.

Es folgte eine intensive Zeit, in der sich Trainer und Athletin aufeinander abstimmten. „Im Temperament sind wir sehr unterschiedlich“, erzählt Jan-Gerrit Keil vom ersten Jahr der Zusammenarbeit 2013, in dem immerhin die Teilnahme an der U20-EM gelang. Die mit 1,75 Meter eher kleiner gewachsene Springerin lebt von ihrer Sprungkraft und Dynamik. Diese Energie findet sich auch im Charakter wieder. Beste Voraussetzungen für den Hochsprung, die in der technisch anspruchsvollen Disziplin aber kanalisiert werden müssen.

Das Duo arbeitete immer besser zusammen, neben dem Sport bestand Jossie Graumann ihr Abitur. 2015 passte die Performance mit Platz vier bei der U23-EM (1,84 m) auch beim Saisonhöhepunkt. Entschlossenheit und die Suche nach Herausforderungen sind der 22-Jährigen geblieben. Und da setzt sich ihr Temperament auch heute noch manchmal gegen das ihres Trainers durch. „Im Training springt sie lieber über größere Höhen, auch wenn die Latte dabei häufiger fällt“, berichtet Jan-Gerrit Keil schmunzelnd. „Auch wenn ich es manchmal lieber hätte, bei niedrigeren Höhen auf Schönheit zu springen.“

EM 2018 als großes Ziel

Diese angesprochene „Schönheit“ ist es auch, wo die junge Hochspringerin noch Potential hat. In der Lattenüberquerung gibt es Reserven. Auch um die Zubringerleistung für diese anspruchsvolle Phase des Sprungs zu verbessern, steht einmal pro Woche Turntraining an. Vom Boden über den Barren bis hin zu den Ringen - an all diesen Geräten macht Jossie Graumann Fortschritte. Und bis zum großen Ziel bleibt auch noch etwas Zeit, in der Jan-Gerrit Keil seine Athletin davon überzeugen kann, auch an der „Schönheit“ der Technik zu feilen.

Denn schon seitdem sie zusammenarbeiten, richtet sich die Planung des Gespanns auf die Heim-EM 2018 in Berlin. Die Qualifikation für die Hallen-EM in diesem Winter bietet mit diesem Ziel im Hinterkopf eine willkommene Gelegenheit, bei einer großen internationalen Meisterschaft der Aktiven dazuzulernen. Das Training wird nicht speziell darauf ausgerichtet - der Plan sieht nach wie vor die Hallen-DM in Leipzig (18./19. Februar) als Wettkampf-Höhepunkt des Winters vor. Auch Trainingslager zur Vorbereitung auf den Sommer werden nicht nach hinten verschoben. Das Leistungsniveau soll langfristig aufgebaut werden. Dass sie schon in dieser Hallensaison ein neues Niveau erreicht hat, will Jossie Graumann schon am Samstag (28. Januar) in Saint Croix (Schweiz) wieder unter Beweis stellen. Es wäre das dritte Mal innerhalb einer Woche.

jhr

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