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Charlene Woitha – Verlorenen Faden wieder aufnehmen

Die Worte „hätte“ und „eigentlich“ sind im Sport nichts wert. Es frustriert, zu wissen, dass eigentlich mehr in einem steckt, man es im Wettkampf aber nicht unter Beweis stellen kann. Gleichzeitig führen diese Umstände dazu, auch in schwierigen Zeiten bei der Sache zu bleiben und fest an den Tag zu glauben, an dem man sein volles Potential abrufen kann.

So geht es Charlene Woitha im Moment. Die Hammerwerferin versucht seit anderthalb Jahren wieder einen geregelten Trainingsrhythmus aufzunehmen, aber immer wieder kommen Verletzungen oder gesundheitliche Probleme dazwischen. „Es lief mal eine Weile gut, dann konnte ich wieder gar nicht mehr trainieren“, erzählt die 26-Jährige.

Entsprechend wenig Spaß hat der Wettkampf-Sommer gemacht. Ein Lichtblick war der erste Titel bei den Deutschen Meisterschaften in ihrer Heimatstadt Berlin, der sie allerdings auch an das schon von Rückschlägen geprägtem Vorjahr erinnerte. Denn da hätte sich auch schon gern im Berliner Olympiastadion im Ring gestanden. „Freunde und Familie waren bei der DM im Stadion. So konnte ich die verpasste Heim-EM aufarbeiten. Das war ein besonders Gefühl.“ Die Siegesweite lag mit 67,97 Meter allerdings drei Meter unter ihrer Bestleistung.

Rasanter Aufstieg führt bis nach Rio

So schwierig die Lage aktuell ist, in ihrer Karriere hat die Berlinerin schon ganz andere Jahre erlebt. Bis 2016 ging es rasant nach oben. Aber der Reihe nach: Wie viele andere DLV-Athleten hat die gebürtige Berlinerin erst einmal allen Disziplinen ausprobiert. Beim SCB Berlin war sie schon in der Kinderleichtathletik aktiv, motiviert durch ihren Vater, der DDR-Meister über die Hürden war. Ihr Mehrkampftalent machte auch vor den Wurfdisziplinen nicht halt. Mit der Siebenkampf-Mannschaft des SV Preußen Berlin belegte sie als 15-Jährige den zweiten Platz bei den Deutschen Schüler-Mehrkampfmeisterschaften.

Ihr vielseitiges Talent und ihre Größe von knapp 1,80 Meter brachten ihre damalige Trainerin auf die Idee, Charlene Woitha das Hammerwerfen ausprobieren zu lassen. Nach 38,46 Metern im Jahr 2010 flog das Vier-Kilo-Gerät ein Jahr später schon auf 50,41 Meter und der Ehrgeiz war geweckt. 2013 machte die Nachwuchsathletin auf dem Coubertin-Sportgymnasium Abitur und der Hammer flog unter Anleitung von Trainer Steffen Reumann erstmals über die 60-Meter-Marke.  2014 folgte die Steigerung bis auf 65,92 Meter.

Zu ihrer Entwicklung passte bestens, dass zu diesem Zeitpunkt Deutschlands erfolgreichste  Hammerwerferin Betty Heidler mit ihrem langjährigen Trainer Michael Deyhle aus Frankfurt nach Berlin zurückkehrte. Die damals 21-Jährige schloss sich der leistungsstarken Trainingsgruppe an, belegte 2015 den sechsten Rang bei der U23-EM und durfte 2016, dank ihres ersten und bisher einzigen 70-Meter-Wurfes der Karriere unter Wettkampfbedingungen in Zeulenroda (70,98 m), schon im Alter von 22 Jahren zu ihren ersten Olympischen Spielen nach Rio de Janeiro (Brasilien) fahren. Obwohl die Beine auf der großen Bühne weich wurden und die Weite in der Qualifikation entsprechend litt, eine unvergessliche Erfahrung.

Neuanfang noch nicht vollendet

So gut Betty Heidlers Rückkehr nach Berlin Charlene Woitha tat, so groß war der Bruch durch das Ende der Karriere der deutschen „Miss Hammerwurf“ nach Olympia 2016. Denn auch Michael Deyhle suchte mit der Betreuung von chinesischen Athleten eine neue Herausforderung. Charlene Woitha musste sich unfreiwillig einen neuen Trainer suchen.

Das Jahr 2017 benötigte die Olympiateilnehmerin, um die Zusammenarbeit in der technisch anspruchsvollen Disziplin mit ihrem neuen Trainer Ron Hütcher abzustimmen. „Es hat etwas Zeit gekostet, den Faden zu finden.“ erzählt die Sportsoldatin, die außerdem neben dem Sport noch BWL studiert. Aber dann ging es pünktlich in Richtung Heim-EM bergauf.

„Im Frühjahr 2018 war ich in der Lage sicher über 70 Meter zu werfen. Leider vor der Saison.“ Denn bevor es richtig losging, erlitt die 26-Jährige einen Ermüdungsbruch des Dornfortsatzes in der Brustwirbelsäule. Seit diesem Rückschlag konnte das Duo in Zusammenarbeit mit Bundestrainer Helge Zöllkau den zwischenzeitlich „gefundenen Faden“ nicht wieder aufnehmen. Das lange angestrebte Ziel Heim-EM platzte.

Olympiajahr ist ein Glücksjahr

Dass seitdem überhaupt wieder Wettkampfwürfe möglich wurden, verdankt Charlene Woitha auch ihrem Betreuungsteam, zu dem mittlerweile ein Vertrauensverhältnis gewachsen ist. „Meine Rehatrainerin Annika Brinkmann am OSP Berlin hat mich einige Male zusammengeflickt“, erzählt die Deutsche Meisterin, die unter anderem auch noch von der Zusammenarbeit mit Osteopath David Violakis und der sportmedizinischen Abteilung der Charité profitiert. Nicht nur der Bewegungsablauf beim Hammerwurf im Ring ist komplex und gerät leicht aus dem Gleichgewicht, für den Körper gilt das auch.

Gemeinsames Ziel ist es erst einmal, bis Mitte November die körperlichen Voraussetzungen zu schaffen, um mit dem Aufbautraining beginnen zu können. „Ich weiß, dass ich klar über 70 Meter werfen und in einem Finale stehen kann“, sagt die Berlinerin. So lange sie das weiß und nicht im Wettkampf bewiesen hat „kann ich nicht aufhören“.

Die Erinnerung an die erste olympische Erfahrung ist wach und stimmt Charlene Woitha zuversichtlich. „Das letzte Olympiajahr war für mich ein Glücksjahr. Ich hoffe, dass ich endlich wieder verletzungsfrei durchtrainieren kann.“

jhr

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