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Leo Köpp: „Bei der U20-EM in die Top Sechs“
Nachwuchsgeher Leo Köpp (LG Nord Berlin; 41:26 min) hat am Sonntag im internationalen Rennen über 10 Kilometer in Lugano (Schweiz) hinter dem Chinesen Zhang Yao (41:14 min) den zweiten Platz belegt und sich für die U20-EM in Grosetto (Italien; 20. bis 23. Juli) qualifiziert. Im Interview spricht der Achte der U20-WM über seine nächsten Ziele, die Zusammenarbeit mit seinem Trainer André Höhne und im gesamten Geher-Team des DLV.
Leo Köpp, Glückwunsch zur Norm. Wie fällt deine Bilanz von der Reise nach Lugano aus?
Leo Köpp:
Die Reise war ganz anders als das Rennen und ich musste eine Situation meistern, die ich noch nicht kannte. Auf dem Hinflug habe ich geschlafen und dabei meinen Kopf offensichtlich in eine sehr unglückliche Position gelegt. Ich habe mir einen Nerv eingeklemmt und bin mit Verspannungen im Rücken aufgewacht. Dank Emilia Lehmeyer, die ja eigentlich auch als Athletin dabei war, konnte ich am nächsten Tag überhaupt starten. Sie studiert Physiotherapie und hat mich massiert. Das war ein Glücksfall. Auch Nachwuchs-Bundestrainerin Manja Berger hat mich betreut. Am Wettkampftag konnte ich meinen Kopf dann wieder bewegen.
Wie war dann das Rennen?
Leo Köpp:
Auch dazu gibt es eine Geschichte: Bisher habe ich mir nie die Startliste vor einem Rennen angeschaut. Besonders, weil ich mich nicht von den Meldezeiten der Konkurrenz verrückt machen lassen will. In einem Rennen stehen alle unter gleichen Bedingungen an der Startlinie. Ich möchte unabhängig von den Vorleistungen der Gegner das an diesem Tag für mich richtige Tempo finden. Das hat bisher auch immer ganz gut geklappt. Aber diesmal bin ich gemeinsam mit den Männern gestartet, die 20 Kilometer gegangen sind. Es lief erst einmal gut, ich habe eine gute Gruppe gefunden, die etwa 4:07 pro Kilometer gegangen ist. Als etwa bei Kilometer sechs oder sieben aber ein Chinese aus der Gruppe abgehauen ist, bin ich davon ausgegangen, dass er 20 Kilometer absolviert. Erst als er schon wegezogen war, wurde mir zugerufen, dass er mein Gegner auf den 10 Kilometern ist. Ich konnte mich dann innerhalb von einem Kilometer wieder ranarbeiten. Diese Aufholjagd hat aber Kraft gekostet und ich konnte im Endspurt nicht mehr optimal um den Sieg mitkämpfen.
Es wäre also noch mehr drin gewesen?
Leo Köpp:
Auf jeden Fall. Auch die unmittelbare Wettkampfvorbereitung war durch meine Rückenschmerzen nicht optimal. Ich konnte mich nicht so auf das Rennen konzentrieren und auch die Vorbelastung war kaum möglich. Dazu noch mein taktischer Fehler, aus dem ich lerne. Unter diesen Umständen mit Bestzeit Zweiter bei einem internationalen Wettkampf zu werden, ist eine Belohnung für den Aufwand im Training und gleichzeitig Ansporn, weiter an sich zu arbeiten.
Schon bei deinem Sieg beim U20-Länderkampf in Halle/Saale mit der ersten Zeit unter 20 Minuten über 5.000 Meter auf der Bahn hast du bewiesen, dass du wieder Fortschritte gemacht hast. Wie sind diese zu erklären?
Leo Köpp:
Ich habe im Training die Umfänge erhöht und konnte auch die Qualität der Einheiten steigern. Ich bin noch nicht lange im Gehen als Leistungssport unterwegs. 2014 habe ich angefangen, 2015 bin ich ins professionelle Training eingestiegen. Seitdem arbeite ich mich Stück für Stück voran und vertrage immer mehr Kilometer pro Woche. Das wirkt sich natürlich auf die Leistung aus. Das Rennen beim U20-Länderkampf war ein ganz besonderes. Es hat mir gezeigt, dass ich die Geschwindigkeit durchhalten kann, die ich bewusst nur aus meinen kürzeren Tempoeinheiten kannte. Ich hätte mir das gar nicht zugetraut. Dieses Erlebnis hat das Vertrauen in meinen Trainer André Höhne weiter wachsen lassen. Das wird mich auch auf dem Weg zur U20-WM begleiten.
Du hast mit André Höhne einen Trainer, der selbst ein Weltklasse-Geher war, wie profitierst du davon?
Leo Köpp:
Es macht einen riesen Unterschied, ob ein Trainer theoretisch angeeignetes Wissen anwendet oder nachfühlt, wie es mir im Training geht. Auch methodisch weiß Herr Höhne, welche Trainingsinhalte die besten für mich sind. Ich spreche zum Beispiel ungewöhnlich gut auf 200er an. Ein Vorteil bei uns Gehern ist auch, dass wir viele lange Einheiten absolvieren, bei denen der Trainer mit dem Fahrrad nebenher fährt und erzählen kann. Entsprechend hat Herr Höhne viele Stunden pro Woche Zeit, mir seine Erfahrung weiter zu gehen. Das erspart mir eigene Fehlversuche. Sicher, ich hätte auch wissen können, dass es schlau ist, sich eine Startliste anzugucken. Aber manche Erfahrungen muss ich eben auch selbst machen.
Wie sieht der Fahrplan Richtung U20-EM?
Leo Köpp:
Mit Podebrady steht in zweieinhalb Wochen der zweite internationale Qualifikations-Wettkampf vor der Tür. Dort werde ich wieder über 10 Kilometer starten und mich mit der internationalen Konkurrenz messen. Danach kommen die Deutschen Meisterschaften auf der Straße in Naumburg und der Europacup Ende Mai wieder in Podebrady. Das sind die großen Zwischenstationen und dann ist die U20-EM auch schon nicht mehr weit.
Hast du dir schon Ziele für Grosetto vorgenommen?
Leo Köpp:
Das wichtigste ist, eine Leistung abzurufen, die meine Werte aus der Vorbereitung bestätigt. Ich kann natürlich noch nicht sagen, wie das Training laufen wird. Aber ich weiß, dass ich auf die Planung von Herrn Höhne vertrauen kann. Ich setze auf eine Top-Sechs Platzierung und möchte die 41 Minuten knacken.
Beim SC Potsdam hat sich um Christopher Linke, Hagen Pohle und Nils Brembrach über Jahre eine starke Gruppe entwickelt, trainierst du schon mit diesen Atheten zusammen?
Leo Köpp:
Kontakt und Austausch sind super. Neben der Gruppe von Ronald Weigel ist auch die Nachwuchsbundestrainerin Manja Berger mit ihren Athleten in Potsdam. Die beiden sprechen sich mit meinem Trainer ab und alle sind der Meinung, dass nur gemeinsam die beste Leistung jedes Athleten rauszuholen ist. Wenn man 25 Kilometer alleine unterwegs ist, kommt man schonmal auf dumme Gedanken, zum Beispiel wenn eine Bank am Wegesrand steht. Ich bin in den vergangenen Monaten jedes Wochenende nach Potsdam gefahren und habe dort meine Einheiten absolviert. Zurzeit sind Chrstiopher Linke, Hagen Pohle und Nils Brembach im Trainingslager. Das heißt, ich trainiere mit der Jugendgruppe.
Ist diese Zusammenarbeit auch der Hintergrund dafür, dass es im Moment im Gehen auch im Nachwuchs einige Talente mit Potential für die Zukunft gibt?
Leo Köpp:
Ja genau, alle haben erkannt, dass es auf Trainingspartner ankommt, an die man sich ranhängen und an denen man wachsen kann. Mir macht es unglaublich Spaß. Ich bin dankbar, dass ich mittrainieren kann. Herr Weigel holt mich sogar immer vom Bahnhof ab. Die Unterstützung ist von allen Seiten super. Auch von Christopher, Hagen und Nils bin ich super aufgenommen worden.
Im kommenden Jahr rücken die 20 Kilometer in den Mittelpunkt, die auch bei internationalen Großereignissen auf dem Programm stehen. Wirst du diese Strecke in diesem Jahr schon einmal in Angriff nehmen?
Leo Köpp:
Die Vorbereitung im Training läuft schon, denn die Umstellung ist enorm und innerhalb eines Jahr nicht machbar. Ob ich noch in diesem Jahr einen Wettkampf über 20 Kilometer mache, hängt davon ab, wann es einen passenden gibt. Die Planung ist erst einmal auf die U20-EM ausgerichtet. Da möchten mein Trainer und ich keine Abstriche zu Gunsten eines Wettkampfs über 20 Kilometer machen. Ausgeschlossen ist ein Rennen aber nicht, möglicherweise auch nach der U20-EM.
Neben dem Sport hast du angefangen, an der Humboldt-Uni Jura zu studieren. Wie ist der Start ins Studium gelungen?
Leo Köpp:
Jetzt für das zweite Semester habe ein gutes Gleichgewicht zwischen Studium und Sport gefunden. Das hat im ersten Semester nicht gut geklappt. Das lag auch daran, dass alles neu war. Dennoch habe ich Spaß an meinem Fach, war aber von der Doppelrolle mit dem Sport überfordert. Gemeinsam mit meinem Trainer und der Laufbahnberatung am Olympiastützpunkt habe ich jetzt einen Wochenplan zusammengestellt, in dem ich beides besser zusammenbringen kann.
jhr