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Marc Koch - Mehr Vertrauen und eine Prise britische Inspiration

Marc Koch
LG Nord Berlin

*24. Mai 1994
Größe: 1,87 m
Gewicht: 76 Kilo

400 Meter
Bestleistung: 46,40 sec (2017; Halle); 46,89 sec (Freiluft; 2015/2016)

Erfolge:
Bronze U23-EM 2015 (Staffel)
Fünfter U20-EM 2013 (Staffel)
Deutscher Hallenmeister 2017

Rundum zufrieden ist ein Leistungssportler eigentlich nie - zu groß der Drang zum Perfektionismus, zu groß die Selbstkritik am Verhalten im Rennen, zu schwer die Gedanken an Trainingsausfälle in der Vorbereitung, die möglicherweise eine noch schnellere Zeit verhindert haben. Umso mehr schätzte und genoss Marc Koch (LG Nord Berlin) das Gefühl, das sich nach seinem Sieg bei der Hallen-DM in Leipzig einstellte, bei dem er sich selbst mit seiner Zeit von 46,40 Sekunden ein wenig überraschte. „Ich bin noch nie so zufrieden aus einem Wettkampf gegangen“, erzählt der 22-Jährige, dem bewusst ist, wie rar solche Momente sind, denn in den vergangenen Jahren war immer eine kleinere oder größere Kleinigkeit schiefgegangen.

Die Wintersaison mit der ersten internationalen Erfahrung bei den Erwachsenen im Vorlauf der Hallen-EM in Belgrad (Serbien) markiert die nächste Zwischenstation auf dem Weg, sich einen Traum zu erfüllen, den Marc Koch seit seinen Anfängen in der Leichtathletik mit sich trägt und mit vielen Athleten weltweit teilt: Olympia. 2020 in Tokio (Japan) soll es so weit sein und der Berliner ist sicher: „Wenn ich gesund bleibe, ist eine Teilnahme möglich.“ Die Gesundheit ist auch der Faktor, den der Student als ausschlaggebend über Erfolg und Misserfolg in seiner Laufbahn erkannt hat, „damit habe ich immer wieder Probleme, die mich daran hindern, meine Leistungsfähigkeit abzurufen.“

Von den Reinickendorfer Füchsen zur U20-EM in Rieti

Erstmals zur Leichtathletik kam Marc Koch über einen Grundschulfreund, der ihn mit zum Training bei den Reinickendorfer Füchsen nahm. Sein erster Trainer Kasimir Kielar erkannte und förderte das Talent seines Schützlings, leitete ihn nicht nur im Training an, sondern investierte, wie viele engagierte Nachwuchstrainer bundesweit, zusätzliche Zeit als „Chauffeur“ und fuhr ihn mit dem Auto vom Training oder Wettkampf nach Hause.

Bei der LG Nord Berlin suchte der damalige C-Schüler ein professionelleres Umfeld und fand in Weitspringer Stephan Hartmann sowie Langhürdler Marcel Matthäs (beide LG Nord Berlin) starke Trainingspartner, die ihm bis heute erhalten geblieben sind. In seinem zweiten U18-Jahr startete Marc Koch 2011 erstmals über seine heutige Spezialdisziplin in die DLV-Bestenliste durch, als Elfter in einer Zeit von 50,34 Sekunden.

Das Jahr 2012 brachte dann einen Leistungssprung: 47,72 Sekunden und Bronze bei der Jugend-DM in Mönchengladbach. Endgültig vorgezeichnet war der Weg in Richtung Leistungssport ein Jahr später, als die Qualifikation für die U20-EM in Rieti (Italien), dort die Halbfinal-Teilnahme im Einzel und Rang fünf mit der Staffel sowie Gold mit Bestzeit (47,17 sec) bei der Jugend-DM in Rostock gelang.      

Findungsphase mit britischer Hilfe

Der Übergang in die Männerklasse gestaltete sich allerdings schwieriger, als es sich der nach seinem Top-Jahr 2013 erfolgsverwöhnte Nachwuchsathlet ausgemalt hatte. Das Studium mit dem Berufsziel Wirtschaftsingenieur an der TU Berlin lief nicht und immer wieder machten gesundheitliche Probleme die sportlichen Ansprüche zu Nichte. „Ich habe mir im Training die Hantelstange gegen den Kopf gehauen, hatte muskuläre Probleme oder bin zum unpassenden Zeitpunkt krank geworden“, erinnert sich der 400-Meter-Läufer, der lernen musste, Geduld mit sich zu haben.

Eine wichtige Stütze ist Trainerin Nadine Großkopf, die ihrem Athleten immer wieder Mut zuspricht und fest an sein Potential glaubt. Die optimalen Trainingsinhalte für eine maximale Leistungsentwicklung zu gestalten ,ist ein laufender Prozess. Marc Koch schätzt an seiner Trainerin den Austausch und sein Mitspracherecht auf der Suche nach dem individuellen Erfolgskonzept. „Es geht nicht, dass man einfach den Trainingsplan eines Weltrekordlers kopiert. Jeder Athlet muss selbst rausfinden, was ihn weiterbringt. Nadine ist da sehr offen. Im Moment überlegen wir zum Beispiel, ob wir mit Tipps von Jonas Plass Yoga mit ins Training einbauen“, erzählt der Deutsche Hallenmeister.

Seine Suche nach dem Weg, das Optimale aus sich herauszuholen, führte Marc Koch im Herbst 2015 nach Großbritannien. Als sich sein Traum von einer Olympia-Teilnahme eher weit entfernt anfühlte, suchte er Veränderung. So chaotisch die Vorbereitungen seines zwei monatigen Trips nach Birmingham auch waren, so harmonisch und gewinnbringend lief der Aufenthalt letzten Endes ab. Trainer Tony Hadley stellte ein Zimmer in seinem Haus zur Verfügung, er und seine Trainingsgruppe gaben neue sportliche Impulse und sind bis heute Begleiter der Karriere des DLV-Athleten geblieben. Nebenbei verbesserte er bei dem Aufenthalt seine Englisch-Kenntnisse und brachte die Erfahrung mit nach Hause, auf eigene Initiative einen längeren Trip auf die Beine gestellt zu haben, der ihn weitergebrachte.

Vertrauen statt Verbissenheit

Nach seinem Aufenthalt in Großbritannien lief die Hallen-Saison 2016 so gut wie nie zuvor, zur Hallen-DM in Leipzig reiste Marc Koch als Mitfavorit an, scheiterte aber auch an seinen großen Erwartungen. Hinter Eric Krüger (LV 90 Erzgebirge; 47,11 sec) wurde es Platz zwei (47,30 sec). „Ich habe mir zu viel Druck gemacht und daraus gelernt“, sagt der 22-Jährige, der mit einem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der HTW Berlin inzwischen auch sein Gleichgewicht neben dem Sport gefunden hat. „Ich habe erkannt, dass es darauf ankommt, locker zu bleiben.“ Das ist ihm bei seinem Titelgewinn in diesem Winter gelungen.

Ob es das Wissen ist, dass er eine Menge drauf hat, die Favoritenrolle bei einer Meisterschaft oder ein gesundheitlich bedingter Trainingsausfall, Marc Koch will sich nicht mehr so leicht aus der Ruhe bringen lassen. „Wenn sich der Körper eine Auszeit nehme möchte, ist es besser, zwei Tage Pause zu machen und dann wieder durchzustarten, als auf Biegen und Brechen weiter zu trainieren und am Ende noch mehr Zeit zu verlieren“, sagt er.

„Und auch wenn ich im Sommer mit einer 47er-Zeit einsteige, brauche ich mir keinen Stress zu machen und in Hektik zu verfallen. Wichtig ist, locker zu bleiben. Ich weiß, wenn ich gesund durchkomme, werde ich eine schnelle Zeit rennen.“ Sich Vertrauen zu schenken anstatt in Verbissenheit zu verfallen, diese so einfach klingende aber schwer in die Tat umzusetzende Erkenntnis nimmt er aus den vergangenen Jahren mit. „Meine Zeit wird kommen und ich werde weiter meine Fortschritte machen.“

Ziel Einzelstart bei der Heim-EM

Nächste Station ist ein Trainingslager mit dem DLV-Kader ab Ende März auf Teneriffa (Spanien). Im Teamgedanken des deutschen Lagers sieht Marc Koch das Potential, dass es mit den Langsprintern insgesamt wieder nach vorne geht. Ein weiterer Ansporn, in den Einheiten alles zu geben, ist die anstehende Entscheidung darüber, wer ein Flugticket in die Karibik erhält. Im Trainingslager wird die Mannschaft für die Staffel-WM auf den Bahamas (22./23. April) zusammengestellt, die für Marc Koch gleichzeitig der Start in die Sommersaison werden soll. Ein Ort oder Termin für den ersten Einzelstart steht noch nicht fest. Gelingt dem DLV-Quartett die Qualifikation ,könnte die WM in London (Großbritannien; 5. bis 13 August) die nächste Reise mit dem Nationalteam werden.

Die Heim-EM in Berlin 2018 ist dann vor Olympia in Tokio das erste ganz große Ziel, bei dem der Berliner auch einen Einzelstart anpeilt. „Außerdem träume ich von einer Medaille mit der Staffel.“ Dafür will er sich Unterstützung ins Stadion holen, von Familie und Freunden auf den Rängen. „Ich werde Karten besorgen, was das Zeug hält.“

Das sagt Bundestrainer Edgar Eisenkolb:
Schon als Zweiter der Hallen-DM 2016 und in der U23 hat Marc sein Potential angedeutet. Wichtigste Voraussetzung ist für ihn, dass er gesund durchkommt. Das war leider in den vergangenen Jahren nicht der Fall. Er hatte immer wieder kleinere Probleme. In diesem Winter hat er gezeigt, was mit einer verletzungsfreien Vorbereitung möglich ist. Ich tausche mich mit seiner Trainerin Nadine Großkopf über die Trainingsinhalte aus, das läuft sehr gut. Bei der Hallen-DM habe ich ihm eine Steigerung zugetraut, die Zeit von 46,40 Sekunden hatte ich aber nicht erwartet.  Auch bei seiner ersten Hallen-EM hat sich Marc ordentlich verkauft. Sicherlich war das Halbfinale sein Ziel und es hatte Ursachen, warum es nicht geklappt hat. Marc hat genaue Vorstellungen von sich und seiner Leistung, ist auf der anderen Seite aber auch fähig, Hinweise von außen anzunehmen. Das macht ihn zu einem sehr angenehmen und aufgeschlossenen Athleten. Mit seiner Größe und seiner Renneinteilung ohne den ganz schnellen Angang ist er auch nicht unbedingt der Hallenläufer. Was das Potential für den Sommer angeht, brauchen wir nicht Drumherum zu reden: Eine 45 vor dem Komma ist möglich und folgerichtig. Natürlich immer unter der Voraussetzung, dass er gesund und munter durchkommt.

jhr

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