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Stephan Hartmann – Dank Diagnose gelingt Sprung in „andere Welt“

Wenn man in den vergangenen Jahren bei Wettkämpfen mit Stephan Hartmann (LG Nord Berlin) gesprochen hat, so berichtete er häufig von Oberschenkelproblemen. Schmerzen, die bei maximaler Belastung auftraten und ihn davon abhielten, voll draufzugehen. „Ich konnte nicht befreit sprinten und springen.“ Medizinische Betreuung brachte keine Lösung. Immer wieder dasselbe: Das Grundlagentraining lief gut, sobald es richtig schnellkräftig wurde, kamen die Schmerzen. Diese drückten sich auch in den Resultaten aus.

Nachdem der Weitspringer schon im Alter von 18 Jahren bei 7,82 Metern gelandet war, bei der U20-WM 2012 Fünfter geworden war und auch bei U18-WM und U20-EM im Endkampf stand, wollte der eigentlich vorgezeichnet erschienene Durchbruch im Erwachsenenbereich jahrelang einfach nicht gelingen. Als im vergangenen Jahr nur eine Saisonbestleistung von 7,61 Metern zu Buche stand, verlor der 24-Jährige auch noch seine Kaderzugehörigkeit und damit zum Beispiel finanzielle Unterstützung für Trainingslager.

Es sah es fast danach aus, als würde Stephan Hartmann ein Beispiel für das „ewige Talent“ bleiben. Aber der Berliner selbst wusste, dass mehr in ihm steckte und er gab den Glauben an sich nie auf.

Endlich eine Diagnose

Im vergangenen Herbst setzte der Deutsche Juniorenmeister der Jahre 2013 und 2014 mit einem Trainerwechsel von Nadine Großkopf zu Annett Stein neue Impulse, wurde in der Hallensaison aber weiter von der Schmerzproblematik im Beuger ausgebremst. So suchte Stephan Hartmann mal wieder einen Arzt auf, in der Berliner Charité. Und tatsächlich: Diesmal gab es endlich eine Diagnose, die ihm weiterhalf. „Der Muskel-Sehnen-Übergang am Beuger etwa in Höhe des Sitzbeins war bei mir dauerhaft gereizt.“

Exzentrisches Krafttraining brachte Linderung. „Dabei liegt Gewicht auf dem kontrahierten Muskel und wird unter einer für Krafttraining relativ geringen Belastung gestreckt, wobei man mit der Muskulatur dagegenhält, um den Streckvorgang möglichst langsam und gleichmäßig zu gestalten“, erklärt der Athlet. „Dadurch wird genau die Stelle belastet, an der ich immer Schmerzen hatte. Das habe ich in der Trainingsphase gespürt, dafür kann ich jetzt voll sprinten und den Muskel belasten.“

Leichte Änderungen in Training und Technik

Außerdem schrumpfte der Umfang im Training im Vergleich zu den Vorjahren. Das lag einerseits am etwas veränderten Konzept von Annett Stein, das mehr auf intensive Belastungsspitzen setzt. Anderseits hörte Stephan Hartmann mehr auf seinen Körper und ließ bei Warnsignalen eher mal eine Belastung weg. Und die Laufsprungtechnik stellte das Duo von zweieinhalb auf dreieinhalb Schritte um. „Vorher habe ich den letzten Schritt vor dem Absprung zu lang gesetzt. Die umgestellte Technik führt dazu, dass ich den Absprung schneller und kürzer setze“, so der Acht-Meter-Springer.

Dass diese Veränderung in wenigen Einheiten umgesetzt werden konnte, lag auch an der Grundlage im koordinativen Bereich, die er in der Zusammenarbeit mit Nadine Großkopf gelegt hat. Auch in Sachen Kraft und Ausdauer profitiert Stephan Hartmann von seinen über die Jahre erarbeiteten Fähigkeiten. „Ich bin Nadine für die acht Jahre als Trainerin sehr dankbar“, blickt der Weitspringer zurück.

Sprung in eine "andere Welt"

Dass er in diesem Sommer endlich sein Potential ausschöpfen kann, deutete schon der Saisoneinstand in Garbsen an. Mit 7,93 Metern stellte Stephan Hartmann dort seine Bestleistung ein und nur zwei Zentimeter fehlten zur Norm (7,95 m) für die Heim-EM in Berlin (7. bis 12. August), die schon seit seinen Jahren in der U20 das langfristige Ziel sind.

Mit dem zweiten Versuch der Kurpfalz Gala in Weinheim am vergangenen Wochenende schlug der Weitspringer dann ein neues Kapitel seiner Karriere auf. Mit einem Flug auf 8,20 Meter übertraf er erstmals die 8-Meter-Marke. „Nach Garbsen hatte ich damit gerechnet, aber diese Weite ist noch einmal eine ganz andere Welt. Ich war überwältigt und habe es noch immer nicht ganz realisiert“, erzählt der Student der Biotechnologie in der Woche nach seinem Sprung in neue Sphären.

Damit ließ der Berliner den weitengleichen besten DLV-Weitspringer des vergangenen Jahres Julian Howard (LG Region Karlsruhe) hinter sich und verschaffte sich eine ausgezeichnete Ausgangsposition für einen EM-Startplatz. Allerdings haben mit Enahoro Ituah (TSV Bayer 04 Leverkusen; 8,01 m) und Fabian Heinle (VfB Stuttgart; 7,98 m) zwei weitere Springer die Norm schon abgehakt. Mit Maximilian Entholzner (1. FC Passau; 7,92 m) fehlen einem fünften Athleten nur noch drei Zentimeter zur Norm. „Der Kampf um die Startplätze wird eng“, weiß Stephan Hartmann. „Die Hoffnung auf ein Ticket ist auf jeden Fall jetzt da.“

Prag und Oberteuringen weitere Stationen der ersten Wettkampfserie

Am kommenden Montag (4. Juni) beim internationalen Meeting in Prag (Tschechische Republik) und in Oberteuringen (9. Juni), wo wieder die nationale Konkurrenz um die EM-Startplätze aufeinander trifft, will Stephan Hartmann seine erste Wettkampfserie erfolgreich abschließen. Danach rückt noch einmal das Training in den Mittelpunkt.

Bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg (21./22. Juli) werden die EM-Tickets endgültig verteilt. Der aktuelle führende deutsche Weitspringer möchte sein 8-Meter-Niveau bestätigen und auch international den Durchbruch bei den Großen schaffen. „Ich möchte fit bleiben und gute Wettkämpfe machen. Dass ich bei der EM dabei bin, glaube ich zwar erst, wenn ich es auf dem Papier vor mir habe. Wenn es aber klappt, möchte ich nicht im Vorkampf rausfliegen.“

jhr

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